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Geschichte des
Wunschzettels
zettel dann direkt bei den Eltern abge-
Wenn ich mich nicht täusche, habe len konnte. Später hat sie die Wunsch-
ich als Kind nie einen Wunschzettel geben.
geschrieben. War auch nicht nötig,
wenn es, wie es bei mir war, nur um Wunschzettel werden noch gar nicht
ein einziges Geschenk ging. Mehr so lange geschrieben. Vorläufer wa-
gab es nicht. Und dieses kann auch ren vielleicht die Weihnachtsbriefe,
mündlich vermittelt werden, in ver- die Kinder ab dem 18. Jahrhundert
schiedenen Tönen, zu passender und schrieben, aber diese waren nicht an
das Christkind oder den Weihnachts-
unpassender Zeit. mann adressiert, sondern an die El-
Ich erinnere mich, dass ich einmal ei-
nen Kreisel wollte, so einen, den man tern oder Paten. Und, was die Histori-
mit einem Stecken und einer Schnur ker behaupten, sie enthielten nicht die
antreibt. Ich war sehr enttäuscht, als Herzenswünsche der Kinder, sondern
ich ihn nicht erhalten habe. Oder waren Verbeugungen, Segenswünsche
als ich mir einen ausgestopften Wie- und Dankesschreiben an die Eltern.
dehopf gewünscht habe, weil dieser Die ersten echten Kinderwünsche
Vogel mir im Biologieunterricht in wurden ab der zweiten Hälfte des
der Schule – das muss wohl schon am 19. Jahrhunderts aufgelistet „und
Gymnasium gewesen sein – gut gefal- zwar ganz deutlich unter kommer-
ziellen Gesichtspunkten", weiß Tor-
len hat. kild Hinrichsen, ehemaliger Direktor
Ich bin mir aber sicher, dass ich Wün-
sche auch erhalten habe, was ich mir des Altonaer Museums in Hamburg.
aber nicht gemerkt habe. Warenhäuser und die Spielzeugin-
Meine Frau dagegen hat immer dustrie gaben den Anstoß, stellten
Wunschzettel geschrieben, in der Vor- vorgedruckte Wunschzettel zur Verfü-
schulzeit per Zeichnung. Sie hat sie gung… Weiter dazu hier:
vor Weihnachten auf das Fensterbrett
gelegt, damit das Christkind sie abho-
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